Die Formation <> hat Zurzibieter Wurzeln und bringt das neue Kulturlokal <> einmal im Monat zum Beben
„Der Computer ist auch ein Instrument“

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KLEINDO?TTINGEN (tf) – Electro, Deep House und New Disco, das ist die Welt von <>. <>, das sind die drei DJs und Musikproduzenten Claudio Becker, Dominik Gradischnig und Christoph Senn. Fu?r ihre Musik nutzen sie die gesamte Palette der digitalen Mo?glichkeiten.
Sie sind alle drei keine Musiker, ko?nnen Musiknoten nur knapp lesen und spielen, beherrschen keine Instrumente im klassischen Sinn. Dennoch produzieren sie Musik, gute Musik – elektronische Musik. Musik, die momentan von Stilrichtungen aus den 1980er-Jahren ausgeht, aber mit unza?hligen, durch die drei DJs selbst eingespielten Episoden erga?nzt ist. Mittel dazu ist die Computersoftware. Sie ero?ffnet eine Vielzahl an neuen Mo?glichkeiten und erfindet den Begriff Musik neu. Christoph Senn: „Der Computer wird zum neuen Musikinstrument.“
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Der Ur-DJ hatte in der Regel zwei Plattenspieler vor sich, dazwischen ein Mischpult und natu?rlich den obligaten Kopfho?rer am Ohr. Sein Ziel: Aus der Musik der zwei gleichzeitig laufenden Langspielplatten eine einzige, neue Musik zu zaubern. Notwendig dazu: Ein gutes Geho?r, das richtige „Gspu?ri“, etwas Mut und das Talent, in mehreren Dimensionen gleichzeitig wahrnehmen zu ko?nnen.
Das alles gilt bis auf Weniges auch fu?r die DJs, die mit Computer Musik machen. Nur kommt die Musik heute nicht mehr nur von den Langspielplatten, sondern in viel gro?sserem Masse vom Laptop, digital und durch Musiksoftwares geschaffen. Der Einsatz der Langspielplatte ist zum Extra, zum speziellen Effekt geworden. In Anspielung auf den rechteckigen Laptop, der den Platz des Plattenspielers u?bernommen hat, ha?lt Claudio Becker nu?chtern fest: „ Die digitale Musik, sie ist nicht mehr rund.“
Zudem hat die digitale Welt das musikalische Feld geo?ffnet. Die Mo?glichkeiten, unterschiedliche Elemente zusammenzubringen, die Musik neu zu interpretieren, sie sind schier unbegrenzt. Das sei auf der einen Seite ein Vorteil, was die Auswahlmo?glichkeiten angeht, meint Christoph Senn, auf der anderen Seite zugleich aber auch ein Nachteil, was das „den richtigen Sound finden“ angeht. „Deshalb ist es wichtig, die Musik, nach dem vielen Ausprobieren, wieder auf das zu reduzieren, was wir eigentlich aussagen wollen. Das ist anspruchvoll und am Anfang jedes Mal eine Reise ins Ungewisse.“
Wo alles seinen Anfang nahm
Musik geho?rt haben die drei gebu?rtigen Kleindo?ttinger – sie besuchten bereits zusammen den Kindergarten – schon immer gern, richtig zur Musik gefunden haben sie aber erst zu WG-Zeiten wa?hrend und nach der Lehre. „Vorher war die Musikstunde ein Muss und hat wenig Freude gemacht, heute wa?re ich froh, es wa?re mehr davon ha?ngen geblieben“, meint Claudio Becker.
Alle drei haben die Musik auf unterschiedliche Art entdeckt. Bei Dominik Gradischnig, auch unter dem Ku?nstlernamen „Linimal“ bekannt, begann alles mit dem „Uflege“ von Langspielplatten, eine Leidenschaft, die er bis heute noch pflegt und die auch direkt ins Endprodukt von „ Anklang“ einfliesst. In dieses Endprodukt fliessen natu?rlich auch die Fertigkeiten der beiden Grafiker Claudio Becker und Christoph Senn alias „Drsn“ ein, die schon fru?h in Baden zusammen gewohnt haben und dort bald einmal den Computer auch als Instrument entdeckt haben. Claudio Becker erinnert sich:“ Jeden Freitagabend haben wir damals ein wenig auf den Tasten herumgedru?ckt, haben unza?hlige Sachen ausprobiert und die verschiedenen Software-Programme kennen gelernt. Der Computer kennt diesbezu?glich keine Grenzen. Schnell wurde daraus mehr, und bald einmal hat die Stube nicht mehr gereicht.“
Dank Beziehungen hat „Anklang“ vor drei Jahren schliesslich eine neue Heimat in einem Keller im Oederlin-Areal gefunden. Und noch immer trifft man sich dort, wie seit eh und je, jeden Freitagabend. Meist wird dann Musik gemacht, werden einzelne „Bausteine“ in die Software weingespielt und damit der Werkzeugkoffer fu?r „Live- Auftritte aufgestockt. Manchmal aber, da gilt das freita?gliche Treffen auch einfach der Freundschaft. Sie verbindet noch mehr als die Musik, obwohl alle drei sagen, dass ein Leben ohne Musik zurzeit jedenfalls, nur schwer mo?glich wa?re. Realisten wie sie es sind, sind sich aber auch bewusst, dass Vera?nderung nicht nur zur Musik, sondern auch zum Leben geho?rt.
„Live Sets“: Sich selbst bleiben
Eine dieser Vera?nderungen steht nun an. Regelma?ssige Auftritte in der neu ero?ffneten „Kiste“ sind geplant. Damit wird „Anklang“ seine Katakombe hin und wieder fu?r einen o?ffentlichen Auftritt verlassen. Dort wird es so genannte „Live-Sets“ geben. Das sind erweiterte DJ-Sets, in denen Platten und Songs, gemischt und erga?nzt mit eigenen Kompositionen und improvisierten, intuitiven Elementen, vor aller Augen gemixt und zusammenfu?gt werden. Die drei DJs machen dann eben das, was sie eigentlich am Freitagabend immer machen, nur vor viel mehr Menschen. Aber gerade das macht di „Live“-Auftritte spannend, weckt bei den drei DJs schon jetzt die Vorfreude. „Vor einem Konzert weiss man nie so recht, was kommt. Am Schluss schaut immer etwas anderes heraus.“ Alle drei DJs bekra?ftigen, wohl noch nie zwei identische Konzerte auf die Bu?hne gebracht zu haben. Zwar mache man sich vor einem Auftritt seine Gedanken, wie das „Live-Set“ in etwa aussehen ko?nnte, dennoch ko?nne es aber vollkommen anders kommen. „Die Produktionen ha?ngen sehr vom Zusammenspiel mit dem Publikum ab“, erkla?rt Dominik Gradischnig. „Wir
spu?ren relativ schnell, was ankommt und was nicht. Da gilt es, sofort darauf zu reagieren.“ Aber nicht nur das. „Anklang“ muss sich bei Auftritten auch selbst spu?ren. „Es muss harmonieren, ganz a?hnlich wie bei einem Fussballspiel mit den Pa?ssen.“ Jeder der drei Ku?nstler bringt andere Sta?rken mit und la?sst diese in die „Live-Sets“ direkt einfliessen. Die anderen wiederum haben darauf zu reagieren. Drei DJs, die zusammen eine Musik produzieren, da muss unter dem Strich schon einiges zusammenpassen.
Fu?r „Anklang“, die ihre ersten Auftritte in einem „Schuppen“ u?ber der ehemaligen „Seerose“ hatten und inzwischen auch schon mehrmals im Merkker aufgetreten sind, ist das Wichtigste nach wie vor, dass sie nicht stehen bleiben, immer weiter an sich arbeiten und authentisch bleiben. Nur dann, so Dominik Gradischnig, ko?nne es von Herzen kommen. Das Publikum merke schnell, ob das der Fall ist. „Fu?r uns ist es nicht schlimm, wenn es einmal nicht so viele Leute Hat, wichtig ist aber, dass jene, die vor sind, es einen Kracher finden, dass der Funken u?berspring.“
Die Botschaft – Nr. 128 , Mittwoch, 2. November 2011